Weiz

zu Ihrer Gemeinde

Machen wir alles richtig?

Das könnte jetzt ein durchaus provozierender und etwas längerer Beitrag werden, aber die Frage, ob wir alles richtig machen und alle uns zur Verfügung stehenden Mittel wirklich richtig einsetzen, um dieser riesigen Herausforderung unserer Generation zu begegnen, beschäftigt mich sehr. Wir sind im zweiten Lockdown und angesichts der verheerenden exponentiellen Entwicklungen der letzten Tage ist das mit Sicherheit auch zu unterstützen. Glaubt man den Prognosen und schaut man auf Einzelfälle in Holland, Tschechien aber auch in dem einen oder anderen Krankenhaus in unserem Land, werden wir auf den Intensivstationen auch bei uns bald Kapazitätsprobleme größeren Ausmasses bekommen und ich bin gespannt, wie all diejenigen dann argumentieren, die noch immer rum laufen und sagen: alles fakenews, es gibt kein Problem, es ist alles nur eine leichte Grippe und so weiter. Aber wahrscheinlich werden dann genau die selben auch schreien, wir hätten viel früher zusperren und Masken tragen müssen und überhaupt unser Land völlig abriegeln. Manche tun sich halt am leichtesten, immer dagegen zu sein. So bedient man auch eine gewisse Zielgruppe.

Mich treibt aber ein ganz anderer Gedanke. Es ist immer gut, in andere Länder zu schauen und zu versuchen, sich ein Bild darüber zu machen, wo es eventuell besser läuft und was diese Länder eventuell anders machen. Blickt man dabei ins europäische Ausland, sieht man, dass fast alle den gleichen Weg des Lockdowns verfolgen. Manche etwas früher, manche etwas später, manche mit bessern Zahlen, manche mit schlechteren. Man ist also geneigt, zu sagen: es gibt keinen anderen Weg. Aber stimmt das?

Mich hat ein Leitartikel vom grünen Oberbürgermeister von Tübingen Boris Palmer in der Welt zum Nachdenken gebracht. Eindrücklich beschreibt dieser die Tatsache, dass Taiwan es geschafft hat, die lokale Transmission seit 200 Tagen komplett zu unterbinden und dass Südkorea mit 50 Millionen Einwohnern die zweite Welle bereits komplett gebrochen hat. Das Ganze ohne Lock down. Was machen diese Länder also anders? Es ist offenbar nicht nur die Insellage, die eine Abschottung nach außen leichter ermöglicht, sondern glaubt man der Analyse, ist es vor allem die Tatsache, dass in diesen Ländern die Bevölkerung es zulässt, dass man die uns zur Verfügung stehenden Technologien, wie GPS Ortung in Handys, Tracking Apps, Online Lokalisierung von Zahlungen, etc. zur Bekämpfung der Epidemie nützen kann. Dort werden eben pro Infizierten sofort 30 Kontaktpersonen ermittelt, digital, ohne großen Aufwand und in Quarantäne geschickt. Bei uns sind es im Schnitt 3 Personen, die mühsamst mit handschriftlich ausgefüllten Zetteln und unter hohem Aufwand ausgeforscht werden müssen und dieses Verfahren überlastet unsere Behörden personell völlig. Die Einhaltung der Quarantäne wird in den zitierten Ländern drakonisch überwacht, auch elektronisch und damit wird eben erreicht, dass lokale Cluster erst gar nicht entstehen können. Das grenzt alles zugegebener Maßen an einen Überwachungsstaat und man muss zweifellos sorgsam damit umgehen, aber die Frage muss schon erlaubt sein, ob es richtig war, dass bei uns die Diskussion über die Nutzung moderner Technologien und einer Corona App bereits im Keim mit dem Herbeischreien eines Orwell Szenarios erstickt worden ist.

Denn ich frage mich schon, welche Freiheit wir uns eigentlich damit erkauft oder besser „erbrüllt“ haben. Die Freiheit, dass wir nun alle erneut zu Hause sitzen müssen, polizeilich kontrolliert? Dass unsere Wirtschaft weiter enorm leidet, dass unsere Kinder die Schulen wieder teilweise nicht besuchen dürfen und dass wir riskieren, bald wieder entscheiden zu müssen, wer leben darf und wer nicht? Dass wir nicht wissen, wie lange das jetzt so geht und wie oft wir das noch durchmachen müssen? Diese Freiheit?

Und ist das alles verhältnismäßig? Wir lassen selbstverständlich zu, dass uns die Technik in unseren Räumen in Form von Lautsprechern mit niedlichen Namen wie Siri oder Alexa 24 Stunden, 7 Tage die Woche zuhören und uns Lieder vor singen. Plattformen und Datenkraken wie Amazon kennen unsere Vorlieben und unser Verhalten besser als unsere Angehörigen und Freunde. Unsere Autos sind mit GPS mit den Autofirmen verbunden, wir teilen jedes noch so kleine Ereignis mit Twitter, Facebook, Instagram, wir schicken unsere elektronische Post über Server von amerikanischen und chinesischen Unternehmen, wir zahlen mehr und mehr digital mit Kreditkarten und online banking und wir laufen 24 Stunden mit unseren Handys herum, wo jederzeit eine Ortung durchgeführt werden kann. Aber wir fühlen uns unserer Freiheit bestohlen, wenn wir der selben Technik uns helfen lassen würden, besser durch diese Krise zu kommen? Nicht einmal zeitlich eingeschränkt bis wir ein Mittel gegen die Seuche gefunden haben? Ich bin gespannt auf Eure Ansichten, mich hat Boris Palmer zum Nachdenken angeregt.

PS: Eine Kritik an den Maßnahmen oder gar der Regierung ist das nicht, ich unterstütze beides ausdrücklich mit ganzer Kraft. Wir als Gesellschaft haben die politische Diskussion darüber vor 6 Monaten entschieden, insofern ist es wenn, dann eine Frage, wie wir als freie Gesellschaft heute, quasi 6 Monate schlauer dazu stehen.

 

Meine Rede im Landtag zum Budget:

Am 13. Oktober haben wir im Landtag das Budget 2021 eingebracht. Natürlich steht dieses auch unter den Zeichen der Auswirkungen der Corona Krise. Warum wir dennoch mit Zuversicht in die Zukunft schauen sollten, habe ich in meiner Budgetrede erklärt..